Am 5 Uhr klingelt mein Wecker. Es ist Ende März. Mit verschlafenem Gesicht stehe ich auf, bin aber schnell wach, da ein Angeltripp vor mir steht. Bei Angeltripps bin ich immer um einiges schneller wach, als wenn ich zur Arbeit gehe. Ich nehme meinen grossen Reiserucksack auf die Schulter und meine Reiserute in die Hand und gehe zum nahegelegenen Bahnhof. Im Zug nehme ich zuerst Mal ein Kaffee und ein Brötchen, denn vor mir liegt eine knapp acht stündige Reise nach Borogoforte, Italien. Dort treffe ich mich mit den Jungs von Wallerwelt.com. Mein Ziel ist es einen Waller von 2 Metern fangen zu können. Das ich das locker übertreffen werde, hatte ich da noch keine Ahnung. Als ich ankam, wurde ich mit einem 500 PS starkem Dodge Ram abgeholt. Ich wollte schon immer mal in so einer amerikanischen Bulle fahren. Als wir ankamen, schien die Sonne mit voller Stärke auf uns herunter. Was für ein Ankommen! Wir verstauten unser Tackle auf dem gut 14 Meter langen Boot, das mit einem 150 PS Motor ausgestattet ist. Die weisse Unterseite spiegelt sich im trüben Wasser des langsam fliessenden Po Flusses und das drei Meter lange Gummiboot, das am grossen Boot angemacht ist, schwappt herum. Die Wasserhöhe, liess ich mir sagen, ist durchschnittlich. Der Po ist eines der launigsten Gewässer in Europa. Es kann sehr schwer sein, es zu befischen, jedoch kommen vielen Leute nur hier her wegen dem herausragenden Bestandes an Welsen. Nicht nur die Stückzahl, sondern auch die Grösse. Der aktuelle Weltrekord wurde nicht weit vom Camp von einem einheimischen Angler gefangen.
Zuerst fingen wir unsere Köderfische in einem Becken mit dem Netz. Wir brauchen 8 pro Tag/Nacht. Wir steigen ins Boot ein und fahren den Fluss abwärts. Jan wird für die nächsten Tage mein Guide sein. Sein Boot ist mit sechs Ruten ausgestattet, mit je einer hochwertigen, silber glänzenden, Multirolle.
Danach geht es den Ködefischen (30cm lange Regenbogenforellen) an den Kragen oder besser gesagt an die Nase, denn die Methode, die wir benutzen, heisst Forelle am Haar. Die Forelle wird durch die Nase an einen grossen und scharfen Einzelhaken gemacht. 5 cm vor dem Haken hat es nochmals einen kleineren Einzelhaken, der frei hängt. Als Gewicht brauchen wir einen Stein, angeknotet an eine Reissleine. Der Stein wird beim Biss gelöst, oder spätestens im Kampf.
Wir ankern in der Mitte des Flusses und plazieren unsere Köder verteilt. Ein paar kommen direkt in die Strömung, andere ins tiefere und ruhigere Wasser. Nun heisst es raus mit allen 6 Ruten. Für das Ausbringen aller Köder brauchen wir gute 30 Minuten, denn wir bringen jeden Köder separat mit dem Boot zum ausgewählten Platz. Wir bringen kleine Glöckchen an die Rutenspitzen an. Jetzt heisst es warten. Nach nicht mal 10 Minuten erklingt ein Glöckchen auf der rechten Seite. Da scheint die Forelle nervös zu sein. Dann ein abrupter stopp und keine 5 Sekunden später schlug die Rute nach vorne. Ich nahm die Rute in die Hand und setzte den Anschlag. Der Fisch hing. Ich konnte es kaum fassen! Der Guide klopfte mir auf die Schulter und zeigte auf das kleine Gummiboot. Ich konnte es kaum glauben, dass wir den Fisch von so einem kleinen Boot aus drillen sollen! Aber es machte schon Sinn, denn so ein Fisch gegen die Strömung zu ziehen ist unmöglich. Der Fisch muss nicht zum Angler, sondern der Angler zum Fisch. Mit einer krummen Rute trieb es uns Flussabwärts. Der Drill fühlte sich speziell an. Manchmal konnte man den Fisch nur schwer bewegen und manchmal spürte man starkes Kopfschütteln des massigen Schädels. Nach guten fünf Minuten zeigte sich der Fisch an der Oberfläche.
Was für eine Schwanzflosse! Der gut 180cm lange Bartelträger war ein sehr geiler Start. Jedoch ging in dieser Nacht nichts mehr an diesem Platz. Ich war jedoch schon zufrieden. Mein Guide noch nicht. Er wollte grössere Fische! Am darauffolgenden Abend fuhren wir gut 40 Minuten Flussaufwärts an eine von der Zivilisation abgelegene Stelle. Wir brachten unsere 6 Ruten aus. Die eine lenkten wir an einem Baum ab, das heisst, es ist weniger Schnur im Wasser, was die Gefahr, Dreck an der Schnur zu haben, deutlich mindert. Das einzige was man hört ist das Wasser, das leicht gegen das Boot drückt. Doch zu unserem Erfreuen wurde diese Stille nach zwei durch die Glöckchen an einer Rute unterbrochen, das heisst währendem wir noch die Ruten am auslegen waren, kam der Biss. Zum Glück sah ich die krumme Rute auf dem Boot. Der Guide gab Vollgas und wir steuerten das Boot an. Ich hüpfte stolpernd auf das Boot, nahm die Rute, setzte den Anschlag und sprang zurück auf das Boot.
Es brauchte einige Minuten, bis wir über dem Fisch stehen, da die Montage, die am weitesten ausgebracht war, den Biss brachte. Als wir dann über dem Fisch sind, fängt das pumpen an. Dieser Fisch fühlt sich anders an. Schwerer! Deutlich schwerer. Die ersten 10 Minuten verbrachte ich damit, den Fisch an die Oberfläche zu bekommen. Ohne Erfolg. „Das muss ein besserer Fisch sein“, flüsterte mir der Guide zu. Nach 14 Minuten kommt der Fisch an die Oberfläche. Ich bin sprachlos! Was für ein Tier. Mächtig schlägt er mit seinem peitschenförmigen und überdimensionalen Schwanz die Oberfläche schaumig. Als der mächtige Schädel neben dem Boot auftauchte, machte der Guide einen „Bassgriff“. Das Maul des Welses ist mit tausenden kleinen Zähnen ausgestattet. Sie sind berüchtigt zuzubeissen, wenn man die Hand im Maul des Welses platziert. Das hinterlässt deutliche Spuren, die ich nach einigen Woche sogar noch sehe. Die kleinen Augen sind schon fast lächerlich im Gegensatz zu dem riesigen Schädel.
Für den Grossteil der Orientierung des Fisches sind aber nicht die Augen zuständig, sondern die Barteln um das Maul. Wir hieven das Biest in das Boot und fahren zurück zum grossen Boot. Was für ein Fang! Wir befestigen ein Seit am Wels und lassen ihm gute 30 Meter Schnur, damit er sich bis am nächsten Morgen Unterwasser bewegen kann. Noch ganz benommen nehmen wir wieder Platzt im Boot. Nach weiteren drei Stunden passierte nichts mehr. Da legen wir uns in unsere Schlafsäcke und versuchen zu schlafen. Doch wir wurden um 2 Uhr in der Nacht von einem der schönsten Geräusche des Welsangelns geweckt. Als ich aufschaute sehe ich wie die Rute bis in den Anschlag krumm ist. Die Bremse der Multi kreischte. Keine 10 Sekunden später habe ich meine Kopflampe aufgesetzt. Ich probiere die Rute aus dem Rutenhalter zu nehmen, was sich als nicht ganz einfach herausstellt, da der Fisch die Rute gegen die Rutenhaltereinlage drückt. Als ich sie dann herausbekommen habe, merke ich den enormen Zug auf der Schnur. Es fühlte sich an, als wir an einem Auto befestigt sind, das langsam aber stark davonfährt. Wie steigen in das Gummiboot und fahren dem Fisch nach. Der Fisch hat erneut auf die weiteste Montage gebissen. Nun begann das Tauziehen mit dem Fisch. Der Fisch verhielt sich ähnlich wie der Vorgänger. Ich dachte, das wäre nicht mehr zu toppen. Wie falsch ich lag. Als der Fisch nach knapp 20 Minuten an die Oberfläche kommt, traute ich meinen Augen nicht. „Scheisse, der ist ja noch grösser!!„ schrie ich mit dem Mund offen! Am nächsten Morgen ist es Zeit für ein Photoshooting mit diesen zwei Prachtstieren. Zuert vermessen wir sie.
Der kleinere war 2.25 Meter lang und ungefähr 80 Kg schwer! Der zweite mass unglaubliche 234cm! Wir schätzen ihn auf gute 90 Kilogramm! Was für Traumfische. Und das in nur einer Nacht! Ich bin überglücklich. An den darauffolgenden Tagen konnten wir weitere Fische von 80cm bis 195cm laden. 11 Fische konnten wir in 5 Tagen bezwingen! Was für eine geile Reise und was für ein hammer Team! Ein Trip, den ich so schnell nicht mehr vergessen werde!
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