Je größer ein Gewässer, desto größer sind oft die Hechte und Zander. Aber wie man sie fängt, wissen nur ein paar Spezialisten. Steht wieder ein 30-Pfünder in der Zeitung, pilgern Angler in Scharen herbei. Jeder will den Fisch seines Lebens fangen. Doch die Kescher bleiben leer, die Mienen entgleiten ins Ratlose. Die alten Hasen grinsen. Haben sie nicht immer gesagt, man braucht Jahrzehnte, um ihren See richtig kennenzulernen? Ich meine, das geht viel schneller. Was Ihr braucht, sind ein Boot und im Idealfall ein Echolot. Ich möchte Euch erklären, wie ich in Kürze Großgewässer wie den Möhnesee geknackt habe. Ich gehe mit einer Drei-Stufen-Methode vor. Mein Ziel ist es, die besten Plätze für große Räuber zu finden.

Stufe 1: Schleppangeln
Zunächst steht man wie ein Ochs vorm Berg: Wo soll ich bloß anfangen? Erste Anhaltspunkte kann ein Blick auf die Tiefenkarte oder ein Gespräch mit Einheimischen geben. Doch Vorsicht: Diese Tipps bekommt jeder, deshalb sind die Stellen stark beangelt.

Es hilft nichts, wir müssen rudern, um die ganze Wasserfläche zu erkunden. Wenn ich ein Gewässer erforsche, habe ich zwei Ruten montiert und schleppe systematisch die Wasserfläche ab. Auf dem Echolot erkenne ich schnell, wo sich die Fische ballen. Im Idealfall fange ich schon beim Schleppfischen den ersten Fisch.

Finden statt fangen
Diese Angelei empfinde ich aber als oberflächlich. Nur ganz gierige Räuber fallen auf einen daher gezogenen Köder herein. Es geht mir beim Schleppen nicht ums Fangen, sondern ums Finden von Plätzen. Vielleicht ändert sich das einmal, wenn ich älter bin und mein Körper mir nicht mehr erlaubt, den ganzen Tag „schwer zu arbeiten“…

Vom Möhnesee weiß ich zum Beispiel: Je kälter es wird, desto mehr Fische versammeln sich im tiefen Wasser vor der Staumauer. Im Frühjahr, mit den ersten Sonnenstrahlen, wendet sich das Blatt. Futterfische und Hechte ziehen ins wärmere Flachwasser. Schon beim Schleppen hat es geklappt – jetzt wird dort intensiver geangelt mit Driften… Professionelles Schleppen hilft, um sehr große Wasserflächen zu erschließen.

Stufe 2: Driftangeln
Man könnte die Plätze, wo sich die Fische ballen, solange abschleppen, bis sich endlich ein Räuber erbarmt und zubeißt. Das muss aber nicht funktionieren, wie ich gerade erst wieder am Wochenende feststellen musste. Als aktiver Spinnfischer bevorzuge ich aber auch mit Schlepperfolgen dennoch das Wurfangeln und den direkten Kontakt zum Fisch. In der Regel ist diese Technik auch deutlich erfolgreicher als einfaches Schleppfischen.

Leider ist die Wasserfläche „mit Fisch“ immer noch sehr groß. Berge, Kanten, Plateaus – bei uns im Möhnesee sogar Reste alter Ortschaften, Häuser, Straßen und Flussläufe, die sich teils schrecklich weit ausdehnen.

Zum Absuchen dieser fischreichen Flächen benutze ich einen Driftsack. Es ist erstaunlich, wie wenige Angler diese Wunderwaffe kennen. Immer wieder muss ich Leuten die Funktion erklären. Es ist nichts anderes als das Gegenteil eines Segels – es verzögert mit seinem Wasserwiderstand im Wasser die schnelle Drift und ist einfach eine geniale Hilfe! Zumal Motoren, mit denen langsames Driften möglich wäre, auf den meisten Gewässern verboten sind. Ich gestehe aber, dass ich neuerdings sehr, sehr gern mit meinem E-Motor und Fernsteuerung den Driftsack öfter ersetze, wenn der Wind nicht zu stark wird!

Ich denke, Driftsäcke sind ein Muss für jeden Bootsangler. Sie arbeiten wie ein bremsender Fallschirm. Mit ihrer Hilfe treibt mein Boot auch bei starkem Wind nur langsam über den See. Das ist sowohl bei der sorgfältigen Fischsuche, als auch für den Drill ein wichtiges Hilfsmittel.

Zweimal Gummi
Ich fische mit zwei Gummifisch-Ruten gleichzeitig! Mit einer Rute werfe und suche ich. Die zweite Rute versehe ich, je nach Wassertiefe, mit einem 30 bis 60 Gramm schweren Bleikopf (im Schwerpunkt befestigt, damit der Haken waagerecht hängt) und einem 23-Zentimeter-Gummifisch. Diesen Köder lasse ich auf den Grund sinken, ziehe ihn einige Zentimeter hinauf und lege die Rute ab. An manchen Tagen bekomme ich beim Driften mehr Bisse auf den dahinschlabbernden Gummifisch als auf den aktiv geführten.

Die Rute sollte sehr hart sein, der Haken dünn und superscharf, weil sich die Räuber meist selbst haken müssen. Schon beim Biss soll der Haken fassen – dennoch gibt’s viele Fehlbisse – umso mehr, je tiefer das Wasser wird. Bei der Drift muss man von Zeit zu Zeit die Wassertiefe auf dem Echolot kontrollieren. Ist es tiefer geworden, gibt man Schnur; wird es flacher, holt man ein.

Wer Köderfische hat, kann noch „gemeiner“ werden. Mit Seitenbleimontage oder einer Schlepp-Pose lässt sich auch ein Naturköder schleppen. Diese Methode fängt noch besser, geht aber gegen meinen Ehrenkodex als Kunstköder-Angler.

STUFE 3: Ankern
Eigentlich ist die Fischerei mit dem Driftsack so effektiv und so spannend, dass man dabei bleiben könnte. Gäbe es nicht einen Nachteil: Auch mit dem Driftsack treibt man, obgleich langsam, über die heiß begehrten Hot Spots oft zu schnell hinweg; über Plätze also, die im fischreichen Gebiet noch einmal besonders vielversprechend sind. Hier sollte man länger verweilen.

Behalten Sie das Echolot im Auge. Sind Großfische zu sehen? Ist die Struktur des Bodens besonders markant? Dann haben Sie vielleicht einen Top-Platz entdeckt.

Auf großen Gewässern ist es schwierig, sich zu orientieren. Deshalb blicke ich immer wieder zum Ufer, peile Punkte wie Bäume, Stege oder Häuser an. Ich muss wissen, wo ich gerade treibe. Erst recht, wenn ich einen Biss hatte. Gerade auf großen Wasserflächen steht ein Räuber nämlich selten allein. Die Kunst besteht darin, diesen Punkt so exakt wie möglich wiederzufinden.

Boje über Bord
Wenn Sie kein Risiko eingehen wollen, sollten Sie den Platz sofort markieren. Mit moderner Technik wird ein Waypoint auf dem Hand-GPS gesetzt. Das geht aber auch sehr gut konventionell mit einer Markierungsboje, wie sie amerikanische Schwarzbarsch-Profis verwenden. Diese H-förmigen Gebilde werden einfach ins Wasser geworfen, ein Blei wickelt die Schnur von der Boje, und sie verharrt weit sichtbar am Platz.

Es wäre fatal, sofort nach einem Biss die Ankerkette hinunterrasseln zu lassen. Jeder halbwegs kluge Räuber würde das Weite suchen oder zumindest nicht mehr fressen.

Nein, ich drifte einfach weiter, bereite mich auf das Ankern vor und schleiche mich im großen Bogen wieder an. In gutem Wurfabstand lasse ich leise den Anker hinab und untersuche den gefundenen Platz. Die Markierungsboje ist dabei eine große Orientierungshilfe, mit deren Hilfe ich interessante Bereiche sogar aus unterschiedlichen Richtungen gezielt abangeln kann. Wiederholt habe ich nämlich festgestellt, dass die „richtige Perspektive“, d.h. die richtige Wurfrichtung auf einen guten Angelplatz von besonderer Bedeutung sein kann. Wenn der Anker am richtigen Platz liegt, lässt der Erfolg nicht lange auf sich warten… Hotspot gefunden und werfend genießen…

Werfen und wickeln
Stationär bin ich mit der Spinnrute am effektivsten und kann systematisch alles abfischen. Tut sich nichts, fange ich mir meine Boje wieder ein. Folgen weitere Bisse, merke ich mir die Stelle anhand von Peilpunkten am Ufer oder behalte den gespeicherten Waypoint in meinem GPS-Gerät.

Mit der Zeit lernt man, nicht bei jedem Buckel am Grund die Boje zu werfen. Man muss eine Nase dafür entwickeln, wo es sich lohnt. Wer 20 Mal umsonst die Boje geworfen und wieder aufgewickelt hat, setzt seine Reizschwelle höher, vor allem im Möhnesee bei Wassertiefen über 10 Metern.

So lerne ich mit der Zeit ganz systematisch ein Gewässer kennen. Ihr werdet staunen, wie viele neue Stellen Ihr plötzlich in einem See findet, der schon seit Jahrzehnten befischt wird.

In der Regel seid Ihr an solchen Plätzen ganz allein. Sagen wir: fast allein. Da sind ja noch die kapitalen Hechte und Zander…

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