Der Bissanzeiger schreit in die finstere Nacht, die Rutenspitze neigt sich gefährlich Richtung Wasseroberfläche und die Rolle gibt unaufhörlich Schnur. Keine Frage, da ist ein Guter eingestiegen! Jetzt muss alles blitzschnell gehen: Die Rollenbremse leichter einstellen, da sonst die Rute nicht aus dem Rutenhalter geht und sofort wieder Druck aufbauen. Der Fisch stellt sich in die pralle Strömung, verdoppelt dadurch seine Kräfte und ist nicht zu halten. Schnell ist klar, der Riese ist nur vom Boot aus zu bändigen. Es bleibt keine Wahl – aufs Boot und dem Fisch hinterher. Natürlich ist alles gut vorbereitet. Das Boot abfahrbereit, Zange und Handschuh griffbereit  – ein perfekt abgestimmtes Team ist selbstredend.

20 min, einige nicht endend wollende Fluchten und hammerharte Schläge in die Rute später ist es geschafft – der Fisch ist bezwungen! Unbeschreiblich wenn ein Riese von mehr als 2 Metern neben dem Boot auftaucht und wild um sich schlägt ist schwer zu beschreiben. Erschöpfung, Stolz und jede Menge Respekt vor diesem Riesen der Tiefe treffen die Gefühle in dieser Situation wahrscheinlich noch am Besten.

Das ist Welsfischen!

War das gezielte Angeln auf Welse früher noch auf einige wenige Spezialisten beschränkt so infizieren sich Jahr für Jahr mehr Angler mit dem Welsvirus. Viele dieser Infizierten stellen in unseren heimischen Gewässern, allen voran die Donau, dem größten Süßwasserräuber nach. Wer allerdings gezielt einen der ganz großen Welse fangen will, dem bleibt eine Reise ins Nahe Italien an den Po nicht erspart, denn kein anderes Gewässer weltweit hat in den vergangenen 10 Jahren so viele über 100kg Welse hervorgebracht. Das war nicht immer so – denn der Wels war ursprünglich am Po nicht heimisch. Mario Hribernig, Betreiber vom Camp großer Fluss, kennt die Geschichte der Welse im PO sehr gut und erklärt warum es in den nächsten Jahren zu weiteren Rekordfängen kommen wird.

„Erst in den 70iger Jahren begannen die Fischer, in der Hoffnung damit eine neue Einnahmequelle zu schaffen, mit einem massiven Welsbesatz im gesamten Po-Gebiet. Heute, etwas über 30 Jahre nach dem Erstbesatz, sind uns Fische mit deutlich über 140kg und 2.78m bekannt. Wenn wir also davon ausgehen das Welse in freier Wildbahn bis über 80 Jahre alt werden können und lebenslang wachsen, dürfen wir uns also auf weitere Rekordgrößen freuen.“

Der sehr gute Welsbestand im Po ist allerdings bedroht. Umweltkatastrophen wie der Ölunfall zu Beginn dieses Jahregroße Gefahr für das Naturjuwel Po dar. Alleinig die genau zur richtigen Zeit einsetzenden Regenfälle haben verhindert, dass sich das giftige Öl in den Au- und Überschwemmungsgebieten absetzt und dort der Flora und Fauna einen langfristigen Schaden zufügt. Bei meinem letzten Besuch im April dieses Jahres konnte ich glücklicherweise keinerlei Spuren dieser Katastrophe entdecken.

Nicht minder gefährdend für den Welsbestand am Po ist die illegale Fischerei. Gruppen von Fischern, vorwiegend aus osteuropäischen Ländern, betreiben Legleinen-Fischerei im großen Stile. In Nacht- und Nebelaktionen werden unzählige Fische geschlachtet und über die Grenze geschleppt. Es bleibt nur zu hoffen, dass die italienischen Behörden sich dieses Problems annehmen und hart durchgreifen.

Letztlich gefährden viele Angler selbst, aufgrund nicht durchdachter Methoden, den Welsbestand am Po. Wer kennt die Fangbilder nicht, auf denen der stolze Fänger jede erdenkliche Position mit dem Fisch einnimmt und dabei dem Wels, der dabei häufig über Sandbänke gezerrt, auf Steinen und Wiesen abgelegt oder stundenlang angeleint wird, enormen Schaden zufügt. Das muss und darf nicht sein – hier mangelnd es uns eindeutig an Respekt den Tieren gegenüber.

Kapitaler Wels mit schwerer Verletzung!

Hier drei wichtige Punkte zur schonenden Welsfischerei:

  1. Bei Schnüren, Vorfächern, Haken und Wirbeln nur die beste Qualität verwenden. Nur wenn man sich auf das Tackle verlassen kann ist es auch möglich den Fisch schnellstmöglich ans Ufer zu holen. Und das ist entscheidend, da über die Maßen ausgedrillte Fische nach dem Zurücksetzen oftmals zugrunde gehen. Ein langer Drill ist nichts auf das man Stolz sein sollte!
  2. Je weniger Haken desto besser. Später wird im Bericht noch eine revolutionäre und völlig neue Montage zum gezielten Großfischfang beschrieben. Wie jeder von uns weiß, können Drillinge einen großen Schaden anrichten. Aus diesem Grund sollte bei der Ansitzfischerei generell auf Drillinge verzichtet werden.
  3. Catch and Release ist am Po üblich und das ist auch gut so. Umso wichtiger ist ein schönes Fangfoto. Lässt es die Wassertemperatur zu, entstehen die schönsten Fotos ohne Zweifel im Wasser. Einfach im Wasser kniend den Bauch des Fisches auf den abgewinkelten Fuss legen, mit einer Hand den Kopf unterstützen und mit der anderen Hand den Schwanz anheben – Perfekt! Für Fotos an Land muss unbedingt eine Plane mitgeführt werden. Mit diesem Hilfsmittel lassen sich ebenso sehenswerte und auch schonende Bilder machen.
Fotos am besten im Wasser! (Wathose nicht vergessen!!)

Tackle Box – Mit diesem Gerät wird jeder Wels sicher gelandet.

  • Haken: der Marke Owner
  • Wirbel: gute Bulldozer Heavy Swivel
  • Hauptschnur: Leitner DYNA-CAST mind. 150 m 0,5
  • Vorfach:  AHF Leitner Super Cat Compound Vorfach
  • Rute: Black Cat Buster
  • Rolle: Fin Nor Offshore 9500

Bevor ein Fang präsentiert werden kann, muss der Fisch erst mal gefangen werden. Eine zentrale Rolle dabei spielt die Platzwahl. Ich habe es mir angewöhnt mit Google Maps schon vor der Reise das Revier zu erkunden, Entfernungen zu messen und interessant aussehende Stellen ausfindig zu machen. Obwohl die tatsächliche Situation von den Satellitenbildern in Google Maps aufgrund schwankender Pegelstände stark abweichen kann, ist es gut einige Hotspots im Peto zu haben. Zum Finden solcher Hotspots ein paar Faustregeln.

Die Platzwahl: Sandbänke, Altarme und bei Überschwemmung direkt im „Wald“

Bei normalem Wasserstand sind Sandbänke immer einen Versuch wert. Friedfische lieben diese flachen Bereiche und dementsprechend gut sind auch die Aussichten auf Welse. Die absolute Top Methode bei diesen Bedingungen ist das Angeln mit Unterwasserposen direkt über Grund. Ist der Wasserstand im Steigen begriffen sind Einläufe in Altarme absolute Hotspots. Die Fische ziehen dann in die strömungsberuhigten Zonen und können genau dort abgefangen werden. Mit Unterwasserbojen lassen sich die Köder im Stillwasser perfekt präsentieren. Bei Hochwasser gibt es nur sehr wenige Uferplätze und es empfiehlt sich direkt vom Boot aus zu angeln. In dieser Zeit findet man die Welse überall im Überschwemmungsgebiet und sie lassen sich auch im sehr flachen Wasser, zum Beispiel auf überschwemmten Wiesen und Wäldern, fangen. Am Besten werden die Köder an passenden Bäumen und Sträuchern mittels einer Reißleine abgespannt und direkt an der Oberfläche angeboten.

An diesem Hotspot (Sandbank in Google Maps unter Wasser) in der Nähe des Camps „großer Fluss“ konnten wir in einer Nacht im Mai 3 Waller über 1,6 fangen.


Waller_Platzwahl_1 auf einer größeren Karte anzeigen

Tipp: Der Pegelstand ist der wichtigste Faktor am PO. Steigendes Wasser ist normalerweise ein gutes Zeichen und die Welse können in wahre Fressorgien verfallen.

Jan Klösch, Angelguide am Po, schickte mir Anfang Mai 2010 diese Nachricht: „Das Wasser ist um 7m gestiegen. Die Fischerei ist sensationell. In der ersten Nacht hatten wir 4 Fische über 2,3m.“

So gut die Fänge, so gefährlich können diese Bedingungen auch sein. Bei steigendem Wasser sollten die Angelplätze mit einem entsprechenden Sicherheitspolster gewählt werden. Wenn mit extremen Pegelanstiegen gerechnet wird, ist nur das Angeln vom Boot aus sicher. Als Indikator für steigendes Wasser dienen Schaumkronen, die bei steigendem Pegel durch aufgeschwemmten Staub und anderen Materialien entstehen. Je mehr Schaumkronen desto schneller und intensiver der zu erwartende Anstieg.


„Welse auf die sanfte Tour“ – ein revolutionärer Ansatz zum Schonenden Umgang mit Welsen.

Am richtigen Platz angekommen gilt es die passende Montage zu finden. Die erfolgreichste und einfachste Montage am Po ist das Angeln mit der Unterwasserpose. Bei dieser Variante wird die geflochtene 0,4-0,6 mm Hauptschnur mittels eines Kugellagerwirbels direkt mit dem Vorfach verbunden. Die Beschwerung erfolgt dabei nicht mit Bleien sondern ganz einfach mit Steinen, die mit einer verrottbaren Schnur in Kombination mit einer 0,4 monofilen Reißleine an den Wirbel gebunden werden. Die Unterwasserpose wird ca. 15cm vor dem Köderfisch am Vorfach befestigt.

Soweit nichts Neues für viele Welsangler. Im April hatte bot sich mir die Gelegenheit mich einige Zeit mit Mario Hribernig über das Thema respektvoller und schonender Umgang mit Fischen zu unterhalten. Er beklagt viele unnötig getötete Fische durch die Verwendung von Drillingen: “Durch wie mit Stacheldraht gespickte Köder verletzen sich viele Fische schwer. Da werden Augen durchbohrt, Barteln durchtrennt oder abgerissen, ganze Kopfstücke abgeschält wie Mandarinen! Die Fische gehen nach solchen Verletzungen oft qualvoll zu Grunde!“. Aus dieser Überzeugung heraus entwickelte er die Einhakenmontage.  Mit dieser Technik werden die Köderfische quasi am Haar präsentiert. Er ist sich sicher: „Diese Montage bringt uns dem gezielten Großfischfang ein deutliches Stück weiter, da sich die Köder viel natürlicher verhalten und dadurch auch die erfahrenen und misstrauischen Großwelse ohne Zögern zupacken.“

Die Erfahrungen haben allerdings auch gezeigt, dass einige Punkte bei dieser Montage zu beachten sind:

  • Je mehr Spiel der Köder hat, also je länger das Vorfach ist – umso besser wird der Haken greifen. Eine Vorfachlänge von 1,5 Metern und mehr  ist nicht übertrieben.
  • Beim Grundangeln mit Auftriebskörpern sollte auch bei großen Ködern über einem Kilo Körpergewicht, nichts mit viel Auftrieb (20 Gramm reichen) genommen werden, da dadurch das Einsaugen und das Drehen des Köder behindert wird.
  • Geflochtene Vorfächer sind dabei von sehr großem Vorteil.
  • Der Greifhaken sollte eine super scharfe Spitze besitzen, damit er beim ersten Eindrehen auch dort sitzen bleibt, wo er das erste Mal greift.
  • Die Reisleinen sollten stärker ausfallen als üblich. Empfohlen wird mindestens 0,4 mm monofil.

„Mit nur einem Haken – da wird es aber sicher viele Fehlbisse geben!“ werden sich jetzt manche denken. Richtig, aber das ist so gewollt! Diese Montage zielt auf Großfische von mehr als 1,5m ab. Solche Fische saugen selbst Köderfische von mehr als 50cm spielend ein und werden sicher gehakt. Kleinere Fische hingegen attackieren die Köder und lassen wieder los, sobald sie den Widerstand durch die Reisleine spüren.

Einsicht in die Fangbücher der Campbetreiber!

Wie beim Barsch die 40cm oder beim Hecht die Metermarke gilt beim Wels die 2 Meter Marke als magische Grenze. Jeder Welsangler will einmal einen solchen Riesen haken, drillen und landen. Wie hoch stehen eigentlich die Chancen dafür am PO?

Im Zuge der Recherchen für diesen Bericht konnte ich Einsicht in mehrere Fangstatistiken von Campbetreibern nehmen und eine wage Hochrechnung auf alle Camps ergibt eine beeindruckende Zahl von 400 Fischen über 2 Meter für das erste Halbjahr 2010. Nicht berücksichtigt dabei sind die Fische die außerhalb von Camps gefangen wurden. Gerade die italienischen Welsprofis rund um die Gruppo Siluro würden diese Zahl noch bedeutend ansteigen lassen.

Die Camps aufgefädelt am Po vom Mittellauf bis zum Delta.


Po auf einer größeren Karte anzeigen

Die Camps von West nach Ost:

Interessant ist auch die Verteilung der Fänge. Es zeigt sich sehr deutlich, dass die beste Zeit für gezielten Großfischfang der März, April und der frühe Mai ist. Die großen Welse erwachen zu dieser Zeit aus der Winterlethargie und fressen, in Vorbereitung auf die Laichzeit, was das Zeug hält. Erfahrungsgemäß ist der Sommer eine etwas schwierigere Zeit, wenngleich auch sensationelle Fänge verzeichnet werden. Insbesondere wenn durch stärkere Regenfälle der Pegel im Steigen ist, sind Sternstunden möglich. Im Herbst ist wieder eine sehr gute Zeit und es muss jederzeit mit einem Po Giganten gerechnet werden.

Mir ist klar, der Po ist eines der besten Wels-Gewässer der Welt. Der Po bietet einen unglaublichen Fischreichtum und neben vielen 2 Meter Fischen treibt sicher bereits jetzt der eine oder andere 3 Meter Gigant sein Unwesen. Es ist nur eine Frage der Zeit bis diese magische Grenze überschritten wird. Und wer weiß, vielleicht sind gerade Sie der glückliche Fänger. Lassen Sie sich vom Welsvirus infizieren!

Buona pesca!

4 Responses

  1. waller-gue

    Hallo Christoph !

    Toller Bericht und super Foto!
    Der 2Meter Mann ist mit seinen Bericht im letzten Blinker auch kein unbekannter, was mir besonders gut gefällt 2 Einfachhaken nicht mörderische Drillinge des zeichnet eben Angler gegenüber Schlächter aus.

    liebe Grüsse aus Salzburg
    Günther

    Antworten
  2. Wallergeschwader

    Super Bericht. Uns hat das Wallerfieber auch gepackt. Wir fahren seit einigen Jahren min. einmal pro Jahr ins Il Campo del Siluro zum Roland. Kann man nur weiterempfehlen. Petri Heil an alle Leser. PS: schaut doch mal auf unserer Seite vorbei.

    Grüße aus Oberbayern

    Antworten

Hinterlasse eine Antwort

Deine Email Adresse wird nicht veröffentlicht.