Zugegeben schaute ich etwas verdutzt als ich einen einfachen Bleikopf mit Kabelbinder präpariert und mit einem ca. acht Zentimeter langen Gummifisch an einem Circlehook in meinen Händen hielt. Und damit sollte ich auf weit über 100 Kilo schwere Fische angeln? In diesem Augenblick realisierte ich, dass Boca Grandes Silber eine ganz spezielle Methode hatte um geborgen zu werden.

Tarpon Capitol of the World

In den letzten Jahren hatte ich das Glück auf verschiedenen Kontinenten dieser Erde einem der mysteriösesten und kampfstärksten Sportfische unseres Planeten, dem Tarpon, nachstellen zu dürfen. In meinen langen Recherchen tauchte allerdings ein Ort immer wieder in den Erzählungen auf. Boca Grande, Florida. Der Mythos besagt, dass nirgend wo sonst auf der Welt so viele kapitale Tarpone zur gleichen Zeit anzutreffen sind wie an der Westküste Floridas. Jeden Juni zum Vollmond drängen sich hunderttausende von Tarpone durch den engen Boca Grande Pass. Hier verweilen die Fische einige Wochen um sich vor der Laichzeit noch einmal so richtig voll zu fressen. Massenfänge und Fische über 100 Kilo sollten, glaubt man den Erzählungen, keine Seltenheit sein. Meine Erwartungen an die „Tarpon Capitol of the World!“ waren daher besonders hoch.

Boca Grande Lighthouse – Der Boca Grande Pass

Von den Methoden und dem Gerät her dachte ich in Florida bestens gerüstet zu sein. Doch bereits beim ersten Tacklecheck in Boca Grande gestand ich mir meinen Irrtum ein. Einzig und allein die Spinnruten, starke Popper- und Welsspinnruten mit starken Stationärrollen wie 8000er Stellas oder 80er Cabos waren hier der Fischerei angemessen. Dieses Ruten Set-Up kam später auf den Hills hinter dem Pass zum Einsatz, doch dazu später mehr. Für den Pass selbst hatte ich nicht das passende Gerät dabei. Die Guides am Pass greifen auf kurze, maximal 240cm lange „Tarpon-Sticks“ zurück. Einteilige Bootsruten mit hohem Glasanteil und sehr weicher Spitze. Als Rollen kamen Multirollen wie die Shimano TLD 15 oder die Accurate Magnum 665H mit 50 lb monofiler Schnur zum Einsatz. Ein 80lbs ca. 40 Zentimeter langes Vorfach wurde direkt mit der Hauptschnur verbunden und am Ende dieses Vorfaches mit Circlehook versehen.

Hartes Maul – Der Circlehook ist die beste Wahl

Tarpone haben ein extrem hartes Maul. Daher ist de Circlehook eine der wenigen Möglichkeiten um den Tarpon zu haken. Die einzige Stelle wo der Haken im Maul eines Tarpons greifen kann ist am Maulwinkel. Die eigentliche Art am Boca Grande Pass zu fischen ist eigentlich relativ simpel. Allerdings weicht sie komplett von den gängigen Arten einen Tarpon zu fangen ab. Die Montage ist eine Art Vertikalmontage. Ein Bleikopf mit bis zu 200 Gramm und einem kleinen Stift am Ende, wird dabei als Köder eingesetzt. Auf den kleinen Stift wird ein kleiner Gummifisch gesteckt. Als ich das erste Mal die Montage sag dachte ich eher an Zander oder Barschangeln, nicht aber an das Fischen auf über 100 Kilo schwere Tarpone. Doch der Gummifisch ist ein wichtiges Detail am Pass. Eigentlich kommen drei Grundfarben zum Einsatz. Gold, Braun und Grün. Was allerdings alle Gummifische gemeinsam haben ist die minimale Schwanzaktion und einen hohen Anteil an Glitter.

Die Farbwahl erfolgt immer nach der Zeit und den entsprechenden Lichtverhältnissen. So kamen die Goldenen Gummifische immer als erstes zum Einsatz. Sobald die Sonne allerdings etwas höher steht, wird auf unauffälligere Farben mit braun und grüntönen zurückgegriffen. Manche der Gummifische sind bereits mit Flavour versehen. Andere werden mit verschiedenen Ölen und Flavourn versehen. Diese sind meist mit einer fischigen Note. Ist das Thema Flavourn bei uns noch meist ein umstrittenes Thema, so konnte man in Florida die Wirkung eines mit Flavour versehenen und einen ungeflavourten Gummifisch klar erkennen. Die Bisse nahmen mit der Verweildauer des Wassers merklich ab.

Schnelle Reaktion ist alles!

Das eigentliche Fischen ist ebenso einfach wie nervenzerreißend. Der Trick am Tarponangeln in Boca Grande ist, die Zugwege der Tarponschwärme mit Hilfe des Echolotes abzuschätzen und genau über den Schwarm zu driften. Sobald der Schwarm am Bildschirmrand des Echolotes auftaucht, wird die Montage auf den Grund hinab gelassen und mit lediglich einer Kurbelumdrehung von selbigen wieder angehoben. Die Rute wird dabei unter den Arm geklemmt und die Hand verweilt die ganze Zeit an der Kurbel. Nur so kann schnell genug reagiert werden. Der Biss erfolgt direkt über dem Grund und ist meist nur als ein kurzes Tok-Tok zu spüren. Der Tarpon erzeugt mit dem aufreißen des Mauls einen Unterdruck, ähnlich die der Wels bei uns im Süßwasser. Ist das Angesaugt nicht genießbar ist es genauso schnell wieder ausgespuckt. Es bleiben also nur die Bruchteile einer Sekunde um den Haken zu setzen.

Bereits beim kleinsten Anzeichen eines Bisses, gilt es so schnell wie möglich Schnur aufzunehmen und somit den Circlehook zu setzen. Da die Tarpone oft beim Fressen mehrere Meter nach oben schießen sollte entsprechend schnell und vor allem genug Schnur auf die Multirolle zurückgeholt werden. Anschlagen ist hier die falsche Reaktion. Wer hierbei anschlägt wird den Tarpon nicht haken können. Dieses Lehrgeld musste ich am ersten Tag mehr als nur einmal zahlen. Erst als jeder Anschlag mit einem Bier am Abend für das gesamte Team bestraft wurde, konnte man die Reflexe unterdrücken.

Räuber und Gendarm

Nach einer bestimmten Zeit ziehen sich die Tarponschwärme nach und nach in die Flachwasserbereiche zurück. Die so genannten Hills sind Bodenerhöhungen einige Kilometer hinter dem Pass. Hier steigt der Grund von etwa 30 Metern auf 10 Meter an. Das Fischen auf den Hills ist mit jenem am Pass nicht zu vergleichen. Hier gilt es die Tarponschwärme zu suchen, zu finden und so die Zugwege vorrausahnen um ihnen abschließend den Weg abzuschneiden.

Diese Art des Tarponangelns ist ein wahres Katz- und Mausspiel. Die Tarpone fangen auf den Hills an zu Rollen. So sieht man diese riesigen silbernen Rücken in großen Gruppen an der Oberfläche. Sobald ein solcher Schwarm entdeckt wird, beginnt die Jagd. Auf Grund der Oberflächenaktivität wird die Richtung bestimmt an der der Schwarm das nächste Mal auftaucht. Oft dauert es einige Zeit um in Wurfweite der Fische zu kommen. Die immer wieder wechselnden Zugrichtungen der Schwärme erfordern ein äußerst sensibles Gespür und eine Menge Erfahrung.

Hat man es geschafft in Wurfweite der Tarpone zu kommen werden diese mit Spinnruten und Spinnködern oder Naturködern angeworfen. Dabei wird nur in den seltensten Fällen ein Blei verwendet. Das Gewicht des Köders reicht in der Regel aus um auf die entsprechende Weite zu kommen. Als Köder kommen Köderfische, Krabben, Gummifische, Wobbler oder Stickbaits zum Einsatz. Beim Fischen mit Naturködern werden diese direkt vor den Schwarm geworfen und absinken gelassen. Die Bisse erfolgen meist ziemlich heftig. Anders als beim Fischen am Pass wird hier der Anschlag gesetzt.

Die Kunst dabei ist, sich so lange unter Kontrolle zu haben und zu warten, bis der Tarpon den Köder eingesaugt und mit dem Kopf abgedreht ist. Nur so besteht die Chance den Fisch zu haken. Die Ausstiegsrate bei dieser Art der Fischerei ist ziemlich hoch. Von zehn Fischen werden in der Regel vier gelandet. Der Drill am Spinngerät ist allerdings einer der Besten der Welt. Meist schießen die Tarpone nach dem Haken sofort in wilden Sprüngen aus dem Wasser und reißen dabei enorme Meter der Geflochtenen von der Rolle. Der Drill auf den Hills ist demnach spektakulärer als am Pass. Und wer schon einmal einen hundert Kilo Tarpon auf der Spinnrute drillen durfte, wird dies so schnell nicht vergessen!

Im Drill entwickeln diese majestätischen Tiere eine enorme Kraft und Ausdauer. Die erste Zeit des Drills halten sich die Fische immer im oder in direkter Nähe des Schwarms auf. Dies Schützt die Tarpone vor Haiattacken die in Boca Grande zur Tagesordnung zählen. Ob bewusst oder unbewusst, manche Tarpone schwimmen so lange in den Schwarm hinein bis die Hauptschnur an den harten und scharfen Schuppen der anderen durchgescheuert ist. Daher gilt es im Drill so schnell wie möglich die Kontrolle über den Fisch zu bekommen. Dies gelingt nur, wenn man sich und seinem Gerät das Äußerste abverlangt. Je länger der Drill dauert, desto höher ist die Gefahr einer Haiattacke. Mit Sicherheit ist es kein gutes Gefühl, wenn nach mehr als einer halben Stunde der Tarpon von einem riesen Hammerhai ein paar Meter kürzer gemacht wird.

Doch einen Tarpon zu haken bedeutet noch lange nicht ihn auch erfolgreich zu landen. Im Drill hat der Fisch noch genügend Chancen die Fehler des Anglers zu seinen Gunsten zu nutzen. Das Wichtigste beim Tarponfischen ist den Fisch im Drill immer auf Spannung zu halten. Der Haken fliegt äußerst schnell aus dem Maul wieder heraus. Kündigt es sich an, dass der Tarpon zu einem seiner spektakulären Sprünge ansetzt, so muss die Rute sofort nach unten genommen und die Spannung direkt zum Fisch hergestellt werden. Tut man das nicht, wird man den Fisch mit sehr großer Wahrscheinlichkeit verlieren. Um diese riesigen Fische auszudrillen muss man sich einiger Tricks bedienen. Wenn man im Drill die Rute immer in Gegenzugrichtung des Fisches hält und somit die Schnur entlang des Körpers legt, so wird der Tarpon schneller Müde und die Drillzeit verkürzt sich um einiges. Trotzdem beträgt die reine Drillzeit eines guten Tarpons meist mehr als zwanzig Minuten. Kapitale Exemplare geben sich meist erst nach mehr als einer halben Stunde geschlagen.

Nicht nur Tarpon!

Die Region um Boca Grande bietet aber durchaus mehr Arten des Fischens. In den riesigen Flats stapeln sich tolle und kampfstarke Sportfische wie Redfish, Snook und Seatrout. Diese Räuber der Flats bieten am leichten Spinngerät einen höllischen Kampf. Mit Flatboot und Push-Pole bewaffnet geht es rein die Flachwassergebiete Boca Grandes.

Da diese Fischarten äußerst empfindlich auf Motorgeräusche reagieren kommt ein langer Glasfieberstock, der so genannte Push Pole zum Einsatz. Von einer Erhöhung aus bringt der Guide den Angler dabei in die richtige Wurfposition und ran an den Fisch. Ist einer dieser Flachwassertorpedos ausgemacht, wird dieser mit kleinen Cranks und Stickbaits angeworfen. Im glasklaren Wasser ist jede Aktion des Fisches genau zu erkennen. Eine aufregende und fantastische Art der Fischerei!

Auch an den vorgelagerten Riffkanten Floridas sind fantastische Sportfische heimisch. Einen der härtesten Fights liefert zweifelsohne der Goliath-Grouper. Diese Riffbewohner werden über 200 Kilo schwer. Gefangen werden diese bulligen Riesenbarsche beim Fischen mit Köderfischen. Dabei wird gezielt an den stark abfallenden Riffkanten kurz über Grund gefischt. Doch nicht nur am Riff sind die Goliath Grouper zu fangen. Direkt am Boca Grande Pass befinden sich alte Mohlen welche nicht mehr in Gebrauch sind. Diese Steganlagen bieten den Groupern idealen Unterstand. Dabei werden diese riesigen Fische auf Sicht angeworfen und gefangen.

In Florida gibt es zudem viele Haiarten welche man befischen kann. Der aktuelle Hammerhai-Weltrekord wurde in Boca Grande gefangen. Hammerhaie von mehr als drei Metern Länge kommen relativ häufig in den Gewässern um Boca Grande vor. Auch Bullenhaie finden sich zum großen Fressen am Pass ein. Die Gelegenheit einen großen Hai zu fangen sind also relativ groß.

Das Guiding in Boca Grande gehört zu den professionellsten die ich bisher erleben durfte. Die Guides verstehen es in Perfektion am Pass den Überblick zu behalten und die mit High-Teck ausgerüsteten Boote zaubern jedem Angler ein fettes Grinsen über das Gesicht. Und spätestens wenn der 250 PS Motor mit vollem Schub das Boot in Richtung Pass drückt, bekommt man das Grinsen nicht mehr weg. Florida zeigt hier ganz klar das in Amerika das Angeln eine weitaus wichtige Rolle spielt als in Europa. Viele Guides leben davon Angler ihren Traumfisch zu ermöglichen. Trotz dem regen Verkehr und der vielen Boote am Pass gibt es keinerlei Fischneid oder Probleme. Die Kameradschaft unter den Anglern am Pass ist einzigartig. Dies führte dazu, dass es am Boca Grande Pass eigene Verhaltensregeln gibt die von allen Guides und Anglern eingehalten werden. Dies ermöglicht diese einzigartige und besondere Fischerei am Boca Grande Lighthouse.


Infokasten:

Florida Informationen

Florida bietet an der mittleren Golfküste unzählige Traumstrände und Natur pur. Weiße Muschelstrände und das blaugrüne Wasser des Golf von Mexiko sind ein Paradies für Naturliebhaber. Wer einmal nicht zum Fischen gehen will findet in Florida eine Vielzahl an Unternehmungen für die ganze Familie. Zahlreiche Freizeitparks oder die Everglades sind einfach und schnell zu erreichen.

Allgemeine Auskünfte

www.visitflorida.com/deutsch

Anreise

Verschiedene Fluggesellschaften bieten Nonstop Flüge nach Fort Myers, zudem stehen unzählige Verbindungen nach Tampa und Miami zur Verfügung. Es gibt zudem günstige  Fly&Drive Angebote. Vom Flughafen Fort Myers erreicht man Boca Grande in ca. vier Stunden Fahrt.

Unterkunft

Es gibt sehr gute Appartements, Ferienhäuser sowie Hotelanlagen. Das Angebot ist groß und bietet für jeden Anspruch das passende.

Angelboote

Die Boote der Guides sind in einem herausragenden Zustand und verfügen über den neusten Stand der Technik. Bei den Booten handelt es sich in der Regel um Ranger-Boote zwischen 18 und 24 Fuß Länge und einer Motorisierung zwischen 150 und 300 PS. Alle Boote verfügen über neuste Echolote und Equipment.

Saisonzeit

Die Fischerei in Florida ist saisonabhängig. Im Frühling beginnt die Migration und die Fischerei auf den Flats beginnt, da die Köderfische in die Flachwasserbereich ziehen. Jetzt ziehen auch Redfish und Seatrouts in diese Bereiche. Mit dem warmen Wasser ziehen auch die Snook und Tarpone wieder in die Flussmündungen. Die beste Zeit um auf Tarpon in Boca Grande zu fischen ist der Juni. Im Herbst steigt dann die Hochsaison für Redfish.

Florida beherbergt neben den Tarponen auch riesige Goliath Grouper und jede Menge verschiedene Haiarten. Diese lassen sich vor allem an Mohlen und Offshore an den Riffkanten fangen.

Buchungen

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