Einleitung
Dass der Zander einen kleineren Vetter besitzt, das ist an der Donau und der March in Niederösterreich schon lange bekannt. Er heißt Wolgazander und wird auch Steinschill (im Unterschied zum auch als Schill benannten Zander) genannt. Die Vorsilbe „Stein“ ist auch bei anderen kleinen Fischen gebräuchlich, etwa der „Steinforelle“ (kleinwüchsige Gebirgsforelle), oder dem Steingressling, einer seltenen Gründlingsart.

In den letzten Jahrzehnten breitet sich der Wolgazander in der Donau stromauf aus, darum wird es auch für alle Fischer interessant, die in der Donau weiter westlich nach Zandern fischen, mehr über diesen Fisch zu erfahren.

Unterscheidung vom Zander
Die Unterscheidung des Wolgazanders (Sander volgensis) vom Zander (Sander lucioperca) ist leicht möglich, aber nur, wenn man gezielt danach schaut. Gerne wird das Erscheinungsbild des Wolgazanders als Mittelding zwischen Zander und Flussbarsch beschrieben, doch ähnelt der Wolgerzander dem Zander sicher weit eher als dem Barsch. Darum ist nicht verwunderlich, dass Wolgazander oft für kleine Zander gehalten werden.

Das sicherste und einfachste Merkmal ist die Bezahnung: Während der Zander sowohl am Ober- als auch am Unterkiefer je ein Paar langer „Hundszähne“ besitzt, die auffallend länger als die übrigen Zähne sind, kann man im Maul des Wolgazanders keine oder nur undeutlich längere Zähne erkennen.

Die dunklen Querbänder (meist 7-8) auf den Flanken sind deutlich und scharf begrenzt, während sie beim Zander weniger dunkel und undeutlich abgegrenzt erscheinen und daher nur schwer zählbar sind.

Der Wolgazander ist etwas hochrückiger und weist ein stumpferes, kleineres Maul auf. Das Auge ist im Verhältnis zum Kopf deutlich größer als beim Zander. Die kürzere Maulspalte des Wolgazanders endet etwa auf Höhe der Augenmitte, während sie beim Zander bis zum Augenhinterrand oder darüber hinaus reicht.

Weitere Merkmale kann man schwerer oder nur im direkten Vergleich erkennen. Die erste Rückenflosse ist auffallend hoch, etwas höher als beim Zander. Darüber hinaus hat der Wolgazander etwas gröbere bzw. weniger Schuppen entlang der Seitenlinie (70-83 gegenüber 80-97 beim Zander). Schließlich liegen beim Wolgazander die beiden Rückenflossen enger aneinander – dieses Merkmal finde ich aber nicht sehr ausgeprägt.

Wenn man sich angewöhnt, kleine „Zander“ mit deutlicher Querbänderung auf ihre Hundszähne zu untersuchen – dazu reicht ja ein kurzer Blick aufs Maul – so wird man jeden Wolgazander sicher erkennen können und die übrigen Merkmale nur zur Bestätigung brauchen.

Zander (oben) und Wolgazander (rechts) im direkten Vergleich. Foto: G. Zauner
Jungzander (oben) und Wolgazander (unten) im August des ersten Lebensjahres. Bereits in dieser Größe ist die Bänderung, die größere Körperhöhe und das größere Auge des Wolgazanders gut erkennbar.

Verbreitung und Ausbreitung – Go west!
Die Verbreitung des Wolgazanders erstreckt sich von der Donau in den Osten bis zu Zubringern des Kaspischen Meeres wie Wolga und Ural. In Österreich war frühen Fischforschern noch kein Vorkommen dieses Fisches bekannt. Als am Fischmarkt in Wien im späten 19. Jahrhundert erstmals Wolgazander auftauchten – sie stammten aus der March – zog der Forscher Jeitteles 1862 folgende Schlüsse:

„Es ist mir unbegreiflich, dass das Vorkommen dieses Fisches bei Wien dem unermüdlich tätig gewesenen größten Ichthyologen Österreichs, Heckel, unbekannt bleiben konnte. Man muss füglich annehmen, dass sich diese Art erst in der letzten Zeit aus den östlichen Gegenden Europa‘s in die mittleren Regionen unseres Erdtheils herauf zu ziehen begonnen habe.“

Wie die weitere Entwicklung zeigt, dürfte Jeitteles Recht gehabt haben! In den 1980er Jahren lagen die westlichsten Funde dieses Fisches noch in der Wachau. Zwischenzeitlich sind auch aus der Fischaufstiegshilfe am Kraftwerk Melk und aus dem weiter stromauf liegenden Donaustauraum Ybbs-Persenbeug sowie vor allem aus dem Wallseer Altarm einige weitere Fänge weiter im Westen bekannt geworden. Der am weitesten stromauf liegende Fund gelang aber noch 2 Donaukraftwerke weiter westlich, und zwar bei Ottensheim erst in diesem Jahr!

Wolgazander, gefangen in einem durchströmten Nebenarm in der Wachau
Beim Zanderfischen gefangener Wolgazander. Foto: S. Wittkowsky

Offensichtlich breitet sich dieser Fisch also wirklich nach Westen aus, und nutzt dafür wahrscheinlich auch Schiffsschleusen (an den Kraftwerken Ybbs-Persenbeug, Wallsee-Mitterkirchen und Abwinden-Asten gab es bzw. gibt es noch keine Fischaufstiegshilfen).

Es ist schwer zu beurteilen, welcher Faktor zur Ausbreitung des Wolgazanders führt. Wahrscheinlich spielt die „Klimaerwärmung“, die bereits eine messbare Erwärmung der Wassertemperaturen der Donau mit sich gebracht hat, diesbezüglich eine wesentliche Rolle. Auch die Umwandlung der frei fließenden Donau in eine Staukette könnte – so negativ sie sich vor allem für die strömungsliebenden Donaufischarten ausgewirkt hat – die Ausbreitung dieser für große Tieflandflüsse typischen Art Richtung Westen begünstigen.

Spannenderweise wird in einem Museumskatalog aus dem späten 19. Jahrhundert ein Exemplar des Wolgazanders aus der „Donau bei Passau“ gelistet. Dies ist der einzige Hinweis auf die Art soweit stromauf an der Donau. Leider ist das Tier nicht mehr aufzutreiben, sodass nicht mehr rekonstruiert werden kann, ob nicht etwa – z.B. in wärmeren Zeiten – vereinzelt Wolgazander bis nach Deutschland hinauf vorgekommen sind. Jedenfalls wird es wird spannend, die Ausbreitungstendenz der letzten Jahrzehnte weiter zu verfolgen ..

Wachstum und Alter
In der wissenschaftlichen Literatur werden recht geringe Maximalgrößen von etwa 48 cm angegeben, in seltenen Fällen werden Wolgazander aber durchaus bis über 60 cm lang und 2 kg schwer. Aus dem Bereich der Stauwurzel KW Ybbs-Persenbeug (Wallseer Altarm und Donau) hört man von gehäuften Fängen von kapitalen Wolgazandern um die 60 cm – offensichtlich werden die Tiere hier größer als im ursprünglichen Verbreitungsgebiet. Die ältesten, im Balaton untersuchten Wolgazander waren 10 Jahre alt, maßen aber erst knapp 45 cm. Verglichen mit der Maximalgröße des Zanders, der bis etwa 1 m, in Extremfällen bis 1,20 m lang und knapp 20 kg schwer werden kann, da wie dort eine bescheidene Größe.

Bei einer Länge von 62 cm bereits hoch kapitaler Wolgazander aus dem Wallseer Altarm. Man beachte das für die Länge des Fisches kleine Maul und das Fehlen der Hundszähne. Foto: Andreas Baumgartner

Wolgazander versus Zander?
Verdrängt der Wolgazander den Zander? Das wäre natürlich aus angelfischereilicher Sicht problematisch, denn wer tauscht schon gerne eine groß- gegen eine kleinwüchsige Art?

Untersuchungen aus dem Balaton zeigten, dass der Wolgazander im ersten Lebensjahr im Gegensatz zum Zander noch überwiegend Planktonkrebse frisst und erst im zweiten Lebensjahr teilweise auf Fischnahrung umsteigt. Auch bei den erwachsenen Fischen zeigten sich Unterschiede – Zander erbeuteten größere Fische und jagten vermehrt im Mittel- und Freiwasser, während sich Wolgazander vorwiegend von Bodenfischen wie Grundeln oder Kaulbarschen ernährten.

In nicht durchströmten Altarmen – wie hier an der Donau östlich von Wien – ist der Wolgazander etwas häufiger zu finden als im Donauhauptstrom.

Die Bestände des „normalen Zanders“ in der Donau entwickeln sich in den letzten Jahren recht erfreulich und die natürliche Reproduktion klappt vielerorts sehr gut. Möglicherweise ist für diese Entwicklung auch die gute Nahrungsverfügbarkeit durch die sich explosionsartig vermehrenden, nicht einheimischen Grundelarten verantwortlich, die ein gut geeignetes  Zanderfutter darstellen. Obwohl große Grundeln den Spieß auch umdrehen können, wie folgende Fotos beweisen:

Diese Kesslergrundel schreckte vor einem Jungzander nicht zurück ..

Aus manchen Revieren hört man aber, dass es sich bereits bei jedem zweiten gefangenen „Zander“ um einen Wolgazander handelt. Aus fischereilicher Sicht stellt sich dann die Frage, ob der Wolgazander eher mit dem Flussbarsch oder dem Zander konkurriert – vermutlich liegt die Wahrheit in der Mitte. Die Zunahme des Wolgazanders könnte in diesem Fall zum Teil auf Kosten des Flussbarsch-, zum anderen Teil auch des Zanderbestandes gehen. Möglicherweise führt die zusätzliche Art eher zu einer effizienteren Ausnutzung der Futterfischbestände und damit zu einem insgesamt höheren Raubfischbestand, ohne die „ökologischen Nachbarn“ Barsch und Zander wesentlich zu beeinflussen. Letztlich können darüber nur langjährige Ausfang-Statistiken geben.

In der Regel wird das verstärkte Auftreten des Wolgazanders aber eine Bereicherung für die Fischerei darstellen – gerade beim Raubfischangeln finde ich persönlich eine hohe Vielfalt an möglichen Fängen einen mindestens so schönen Aspekt wie die Aussicht auf große Einzelfische. Und die gibt es natürlich auch beim Wolgazander – alles ist relativ! Eine kulinarische Nutzung des Wolgazanders ist freilich nicht abwegig – schließlich handelt es sich um einen ebenso guten Küchenfisch wie beim Zander. In Niederösterreich besteht für beide Arten dieselbe amtliche Schonzeit (1. April bis 31. Mai) bzw. dasselbe amtliche Mindestfangmaß von 35 cm (strengere Regelungen in den Revieren beachten!). Während – wie ich hoffe – keiner der Leser einen Zander mit 35 cm entnimmt (der soll noch wachsen!!), steht dem jedenfalls beim Wolgazander nichts entgegen. Auch unter diesem Gesichtspunkt finde ich, dass dieser Fisch eine schöne Bereicherung darstellt.

Über Hinweise über Fänge von Wolgazandern, am besten mit Belegfoto, würde ich mich freuen!

Bei diesem Jungzander sind die Hundszähne bereits schön erkennbar. Also KEIN WOLGAZANDER!

7 Responses

  1. Stony

    Hallo!
    Und erstmal gratulation zu diesem Bericht.Es ist schön das sich jemand damit befaßt und dann auch noch einen so tollen Bericht mit Fotos macht. Danke dafür daß ihr das so toll erklärt,aber eines fehlt mir noch , und ich glaube daß es wichtig ist , sorgt dafür das es bald ein Brittelmaß gibt , ansonst echt super Bericht .
    Mfg : Stony

    Antworten
  2. Clemens

    Hallo Leute,

    danke für das positive feedback!

    @Stony, hast Recht, das Fehlen eines Brittelmaßes für den Wolgazander in OÖ sollte beseitigt werden. Persönlich fände ich 35cm wie in NÖ in Ordnung.

    Clemens

    Antworten
  3. Dr. Johann Brabenetz

    Gratulation zu der wunderschönen Präsentation dieses interessanten Fisches!
    Es ist schon bemerkenswert, dass sich so eine Fischart selbstständig in unserer
    Donau so erfolgreich etablieren kann. Wahrscheinlich unterstützen die Ablaich-
    hilfen, die in Form von versenkten Christbäumen in einigen Altwässern eingebracht
    werden, das Fortkommen dieser Fische…

    Antworten

Hinterlasse eine Antwort

Deine Email Adresse wird nicht veröffentlicht.