Karpfenangeln im Frühjahr

Langsam, ja fast unbemerkt, steigt nun die blaue Flüssigkeit im Thermometer wöchentlich, manchmal sogar täglich konstant nach oben. Im Garten drücken sich derweilen mit großem Kraftaufwand grüne Treiblinge von Schneeglöckchen durch die Erde um ans noch ziemlich schwache Tageslicht zu kommen. Zeitgleich ziehen sich die Bäume und Sträucher in der Landschaft mächtig Wasser aus dem Untergrund, was erfolgreich hunderte von Trieben zeugen. Auch das Weidenkätzchen an den oft rings um die Seen sprießenden Weiden streckt sich gen Himmel. Während der neue Tag mir früh auf dem Weg zur Arbeit einen lauwarmen Wind ins Gesicht weht, kann auch ich mir ein freudiges Grinsen nicht unterdrücken. Endlich, der Frühling kündigt sich an – und mit ihm eine neue, ereignisreiche Angelsaison…

 

1Zumindest gefühlt geht ein sich unendlich ziehender Winter vorbei. Gar täglich wurde auf dem nach Hause Weg vom Geschäft während der Fahrt der Kopf verrenkt, um einen Blick auf ein nahe der Autobahn gelegenes Baggerloch zu werfen. Immer mit der Frage im Kopf, ob diese blöde Eisdecke endlich verschwunden ist. Obwohl es natürlich gerade Ende Februar/Anfang März noch recht kühl ist und die Gewässer sich in der Regel langsam erwärmen, beginnt für mich eine der interessantesten Angelzeiten. Gerade zu Beginn des Frühjahres ist es nicht immer einfach einen Karpfen zu erwischen, aber die Chance dazu steigt definitiv von Tag zu Tag. Genau Letzteres trifft auch auf die Wassertemperatur zu, wodurch die Fische endlich deutlich agiler werden uns aus der Winter-Lethargie erwachen. Fressen rückt allmählich wieder in deren Lebensmittelpunkt. Was uns natürlich die Passion versüßt und erfolgreich die SD-Speicherkarten wie Fangbücher füllt. Nebenbei ist es irgendwie auch einfach schöner, wieder in die Saison hinein zu fischen, mit ansteigenden Temperaturen, als aus dem laufenden Angeljahr heraus, während Väterchen Frost bereits mit einem dicken Eiszapfen an die Tür klopft. Nun heißt es Pläne für das neue Jahr zu schmieden, damit man am Wasser schon bei Zeit erfolgreich ist.  Für mich beginnt der Startschuss in etwa um den endenden Februar oder beginnenden März eines jeden Jahres. Wichtig ist in meinen Augen ein deutlicher konstanter Temperaturanstieg, verbunden mit regelmäßigen Frühjahrswinden. In diesem Artikel möchte ich mein Vorgehen in diesem genannten Zeitraum, mit noch kalten aber merklich steigenden Graden beschreiben.

 

Location – Wo könnten Sie sein?!
Im Frühjahr lohnt es sich oftmals dem Wind zu folgen

Im Frühjahr lohnt es sich oftmals dem Wind zu folgen

Nachdem ein passendes, aber vor allem auch lukratives Gewässer gefunden ist oder vielleicht auch wiederholt beangelt wird, stellt sich die übliche Frage nach dem „Wo?!“. Obwohl die Fische gerade zu Beginn des Frühjahres noch ziemlich träge sind, landet eine meine Ruten deutlich im flacheren Wasser. Ohne Bedenken auch um die 2 Meter Tiefe herum. Die zweite zur Verfügung stehende Montage fristet zwar weiterhin ein tieferes Dasein, dennoch werden nun glücklicherweise die seichteren Uferbereiche, wie beispielsweise Schilfbänke oder nahe Kanten, wieder interessant. Die Karpfen ziehen auf der Suche nach aktiv Nahrung los.

Die Fische ziehen wieder ins flachere Wasser. Location mit dem Aquaskope begutachten.

Die Fische ziehen wieder ins flachere Wasser. Location mit dem Aquaskope begutachten.

Positiv unterstützend natürlich die steigenden Grade des Thermometers. Was in diesem Zeitraum besonders Beachtung finden sollte, ist die Windrichtung, beziehungsweise wohin der Wind drückt. Neben dem Sauerstoffeintrag sowie der vermehrt angespülten Nahrung in diesem Bereich, bringen diese warmen Luftmassen, einerseits richtig Temperatur mit um das Gewässer zusätzlich zu erwärmen, sorgen aber auch für eine vollständige Durchmischung des Sees. Diese Umwälzung ist uns allen wohl bestens als „Frühjahrszirkulation“ bekannt. Durch den Wind und entstehende Temperaturunterschiede von Tag zu Nacht, wird eine Strömung hervorgerufen. Diese durchmischt nach und nach die Wassermassen. Nach diesem „drehen“ sind sämtliche Wasserschichten endlich wärmer. Die Futtersuche wird immer aktiver. Merke ich jedoch, dass die Bisse ausschließlich oder deutlich vermehrt auf den flacheren Spots erfolgen, verteile ich dort beide Ruten.  Gegebenenfalls kann immer noch um gewisse Feinheiten in den Tiefenunterschieden variiert werden. Wichtig ist, wie zu allen anderen Jahreszeiten auch, die interessanten Bereiche mit den zur Verfügung stehenden Fallen ab zu decken. Dann kann eigentlich nichts mehr schief gehen, fast…

Futter- Strategien
Wenig Futter bringt mehr – es empfiehlt sich die Verwendung von PVA Bags,

Wenig Futter bringt mehr – es empfiehlt sich die Verwendung von PVA Bags.

Während ich sonst eigentlich nie sonderlich konstant meine Angelstellen vorfüttere, sondern eher lieber Instant fische, wird im Frühjahr dagegen bevorzugt akribisch ein Spot präpariert. Irgendwie scheint es mir hier sinnvoller zu sein, als beispielsweise im Sommer oder Winter. Nachdem ich bereits frühzeitig nach ausgedehnter Location einen interessanten Platz gefunden habe, fangen die Überlegungen an, was und wie ich füttere. Prinzipiell immer nach Schema X vor zu gehen ist nichts für mich. Wahrscheinlich ist es übertrieben, aber mit einem guten Gefühl inklusive dem hilfreichen Gedanken alles richtig gemacht  zu haben, fischt es sich irgendwie besser.

Stiff Links mit kleinen Ködern funktionieren bei mir am besten!

Stiff Links mit kleinen Ködern funktionieren bei mir am besten!

Auch kann man sich jetzt auf andere, ebenso wesentliche Dinge konzentrieren.  Vom Grundsatz her finden deutlich kleinere Köder am Haar, beziehungsweise auch Freebaits Verwendung. Gerade wegen den erst steigenden Wassertemperaturen will ich versuchen, die Fische etwas zum Suchen, also schwimmen, zu animieren. Mindestens genauso wichtig, nur „Häppchen“ servieren, welche den Karpfen nicht gleich satt machen. Sie sollen sich ruhig etwas für ihr Futter bewegen und vermehrt den Boden absaugen. Dadurch herrscht eine größere Chance, wirklich mit gekrümmter Rute am Ufer zu stehen. Beispielhaft wird ein Spot im 2 Tage-Rhythmus mit wenig Baits unter Futter gehalten. Dabei sind es für alle zwei Stellen, also beide Ruten, maximal 500-1000 Gramm.

Pop Up am D-Rig -  optimaler Frühjahrsköder

Pop Up am D-Rig – optimaler Frühjahrsköder

 

D-Rig und 360°-Rig – gute Präsentation!

D-Rig und 360°-Rig – gute Präsentation!

Wie gesagt, achte ich auf kleine Köder, wie IB Aminopellets in 4 mm, zerbrochene Boilies, Explosiv Groundbait, dazu Partikel wie Vogelfutter oder Hanf. Als Boilies bevorzuge ich eine Kombination aus einem fischmehlhaltigen Boiliemix mit einer fruchtigen Note, beispielsweise die Carptrack Elite Strawberry Boilies. Diese enthalten weiterhin neben dem Sweetner NHDC auch mein über alles geliebtes GLM. Sollten die Wassertemperaturen allerdings noch deutlich kalt, sprich unter 10°C liegen, setze ich bewusst auf Carptrack Explosiv Stickmix Cold Water Boilies. Hier wurde ein Köder kreiert, welcher gerade bei kühlem Wasser deutlich aktiver arbeitet.

Meine bevorzugte Futtermischung im Frühjahr.

Meine bevorzugte Futtermischung im Frühjahr.

Durch den Einsatz von gut wasserlöslichen Zutaten, findet auch zwischen November und beginnendem Frühjahr ein reger Austausch der Lockstoffe statt. Neben Fischmehl, Vitamealo, Betain und Liquid Amino, muss ich auch hier nicht auf mein GLM verzichten… Was zusätzliche Additive angeht, ob in der Futtermischung oder zum pimpen meiner Boilies, so ist mein Favorit bei kühleren Wassertemperaturen Carptrack inL mit Carptrack inP. Während ich inL einfach als Liquid in mein Futter gebe und vermenge, setze ich bei Additive gemeinsam bei der Optimierung meiner Boilies ein. Zuerst streue ich in einem Eimer etwas Carptrack inP über die Murmeln, achte darauf dass jeder Boilie etwas abbekommt und gieße anschließend einen kräftigen Schluck inL darüber. Schon nach kurzer Zeit bildet sich über den Murmeln eine unregelmäßige dicke, zweite Haut. Welche unter Wasser sofort beginnt zu arbeiten und Lockstoffe frei setzt.

IB Elite Strawberry … Frucht trifft Fisch – geniale Kombi im Frühjahr!

IB Elite Strawberry … Frucht trifft Fisch – geniale Kombi im Frühjahr!

Wir müssen die Fische zum Suchen der Nahrung beziehungsweise besonders um den von uns auserwählten speziellen Platz auf zu suchen, motivieren. Gelingt uns das, muss unsere Montage nur noch funktionieren…

Taktik
Einer meiner ersten Fische der Saison!

Einer meiner ersten Fische der Saison!

Interessanter Weise konnte ich in der Vergangenheit die Erfahrung machen, dass gerade am Anfang einer neuen Saison die Fische durch ein Stiff Link aus monofilem Material überlistet werden. Normale Kombi-Links oder geflochtene Materialien brachten mir erst im späteren Jahr wieder verstärkt Bisse. Vielleicht ist es ein Zufall, könnte aber auch neben den in manchen Seen nach der Frühjahrszirkulation herrschenden kristallklaren Sichtverhältnissen, an vorsichtigem Beissverhalten liegen. Was die Länge des Vorfachs angeht, so werden diese eher kürzer und bewegen sich im Durchschnitt um die 10-15 Zentimeter. Dazu kommt ein 6er oder gar 8er Haken, an dessen Haar ein Snowman installiert wird. Aber auch ein einzelner Pop Up am D-Rig oder 360°-Rig kommt zum Einsatz. In der Regel fallen die Hakenköder dann, wie bereits erwähnt, recht klein aus. Ein 16 mm Köder ist optimal, sowohl als Sinker oder Schwimmer. Bei der Schneemann-Variante bietet sich das auf-poppen mittels Mini Pop Up an. 16 + 10 mm fallen selbst zusammen kombiniert recht klein aus. Der Einsatz von einem ordentlichen Stück Pin Down, als unleaded Leader, sorgt für extra Sicherheit bei den möglich, noch recht scheuen Fischen.

 

Bait: Carptrack V-Pop (Fluo Pop Up), white, 20 mm, behandelt mit Black Pepper Oil Rig: D – Rig, CHD-hook size 6, Avid, Captive Stiff Rig Filament, am Inline Rig ( Avid, 4.5 oz)

 

Last –but not least

Obwohl es mit der Temperatur endlich wieder bergauf geht und tagsüber teilweise schon recht frühzeitig ordentliche T-Shirt-Wetter aufkommen kann. Tut man gut daran vernünftige Kleidung ein zu packen. Ebenso die dichte Regenjacke sollte immer mit dabei sein. Ich setze diesbezüglich auf die Raptor-Jacke von Geoff Anderson. Absolut Wind- und Wasserdicht, dazu ein angenehmer Tragekomfort. Gerade nachts kann es richtig eisig werden, wobei auch bevorzugt lieber noch der dickere Schlafsack ausgepackt wird. Zusätzlich fallen die frühjährlichen Winde teilweise heftig aus, was mir ein weg geflogener Schirm schon des Öfteren schnell bewusst machte. Gegebenenfalls empfiehlt sich ein stabiles ein Mann Zelt wie das HQ Bivvy von Avid Carp, aber zumindest ein Aufbau des Schirmes gegen den Wind. Wenn möglich versuche ich zusätzlich mein Dome hinter einem Baum oder anderem Gewächs auf zu stellen und sichere es zusätzlich mit einigen Zeltheringen. Hat man sich solch einen Windschutz errichten, fällt das Kaffeekochen gleich viel leichter.

Kaffee wärmt!

Kaffee wärmt!

Einzig die nächtlichen Temperaturschwankungen bescheren einem, zumindest persönlich betrachtet, doch eher mit negativem Tatsch behangen für nass, beschlagene Schirminnenseiten. Doch wer will den immer nur bei Sonnenschein und 25°C fischen gehen, bestimmt die Wenigsten. Vielleicht ist ja am Morgen, bei einer Tasse, dampfendem, den Körper erweckenden, Gebräu noch eine viertel Stunde drin, um im Wind das mit Kondenswasser überzogene Material zu trocknen.

Was die Behandlung des gefangenen Fisches an Land betrifft, so ändert sich eigentlich wenig im Vergleich zu anderen Jahreszeiten… Kurzer Landaufenthalt, kombiniert mit wenig Stress und genügend Wasser. Da braucht man glaube ich unter uns Karpfenanglern in diesem Falle nichts Außergewöhnliches erwähnen.

 

Bei einer kurzen Nacht unter der Woche “weckte” mich dieser pralle Schuppenkarpfen kurz vor meinem Wecker…

Bei einer kurzen Nacht unter der Woche “weckte” mich dieser pralle Schuppenkarpfen kurz vor meinem Wecker…

Abschließend ist ein beginnendes Jahr, also der Startschuss für eine neue Angelsaison mit allen ihren Zielen, Wünschen wie Träumen, für mich immer etwas Besonderes. Meist in der Silvesternacht, kann ich im Schein bunter greller Lichtspektakel mein Grinsen, begleitet von innerlicher Vor-Freude, nicht verbergen. Sind die Gedanken schon in weiter Ferne und kreisen nur so um die selbst auferlegten Aufgaben. Einfach immer wieder schön, irgendwie von „vorne“ beginnen zu dürfen.

Mit der passenden Taktik, guter Futter Strategie, genügend Zeit  und dem Quetschen Glück müsste es dann auch bereits im frischen Frühjahr klappen, mit dem immer besonderen ersten Fisch…

 

Ein Zustand, fast wie verliebt zu sein, ergreift mich, als ich nach den kalten, dunklen Monaten freudig wieder die Rückbank des Kombis vollständig umlegen kann. Ungeduldig, aber natürlich trotzdem gründlich wird die grüne Gartenplane aus dem Baumarkt im Kofferraum ausgelegt. Etwas Schutz gegen den ganzen Matsch, Dreck und die hoffentlich Unmengen an tropfendem Wasser aus nassen Abhakmatten sowie Karpfensäcken muss ja sein. Zumindest obligatorisch um die Frau Gemahlin vom pfleglichen Umgang mit dem Familiengefährt zu überzeugen. Mit Schmetterlingen im Bauch und glühenden Unterarmen fliegt die neue Monofile nur so auf die Rolle. Gewissenhaft werden die Rigs gebunden und damit anschließend sorgfältig die einzelnen Ruten vormontiert. Unruhig werden die Nächte. Aber irgendwann endet die Qual des Wartens. Tschüss du trister Winter, Hallo neue Angelsaison.

Also, endlich geht es wieder richtig los – Viel Erfolg.

In diesem Sinne, wir sehen uns am Wasser!

Patrick „Scup“ Scupin

scups-adventures.blogspot.de

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