Wenn diese Ausgabe von Angelfieber erscheint, hat die Saison für viele von uns bereits begonnen. Der Winter war wieder einmal viel zu lang und der Drang, endlich wieder am Wasser sitzen und die Nächte unter freiem Himmel zu genießen zu können, setzte sich bei mir Bereits Mitte Februar durch, als ich zu den ersten Sessions dieses Jahres aufbrach – wie erwartet mit minimalem Erfolg. Ein Problem, das den Saisonbeginn für Angler in unseren Breiten so schwierig macht, ist das Eis, das die Gewässer bedeckt hält. Nach der ersten Periode mit milden Temperaturen werden erst jene Reviere befischbar, in denen das Wasser ständig in Bewegung ist: Langsam fließende Flüsse, große Rückstaugebiete und große Seen, also ohnehin schon nicht die am leichtesten zu befischenden Gewässertypen. Die Frühjahrsfischerei ist von Feber bis etwa Mitte März eigentlich nichts anderes als ein Winterangeln auf größtenteils passive Karpfen, mit der Hoffnung auf den einen oder anderen Frühstarter. In dichter besetzten, übersichtlichen Gewässern würde sich die Erfolgschance natürlich gleich um ein Vielfaches erhöhen, doch wer gezwungen ist, auf die riesigen Wasserflächen der Seen, Flüsse und Stauseen auszuweichen, muss wohl oder übel damit rechnen, viele Sessions trotz intensiver Bemühungen ohne Fisch zu beenden.

Ruhe im Revier

Doch obwohl es manchmal so scheint, als wäre der Fang eines Karpfens in den eiskalten Wassermassen zu dieser Jahreszeit mehr als unwahrscheinlich und die Tage und Nächte oft trostlos und grau erscheinen, hat diese Angelei doch ihren besonderen Reiz. Zu keiner anderen Zeit im Jahr ist es so dermaßen ruhig am Gewässer. Das Revier teilt man sich meist nur mit ein paar Haubentauchern und Blesshühnern.

Ein früher Saisonstart bei milden Temperaturen und traumhaftem Wetter. Leider 2011 nichts daraus

Trister Start

In diesem Feber befischte ich dasselbe Rückstaugebiet von etwa 40-50 Hektar Fläche, an dem ich schon die letzte Saison einläutete. Die ersten beiden eiskalten Nächte Mitte Feber verliefen bis auf zwei Brachsen und einen stattlichen Aitel erfolglos. In der darauf folgenden Woche purzelten die Temperaturen teilweise sogar wieder in den zweistelligen Minusbereich. Trotzdem konnte ich es nicht lassen und machte mich zu einem weiteren Overnighter auf, der zwar einen (Weißfisch-)Biss brachte, aber mich leider vorzeitig zusammenpacken ließ, denn die Minustemperaturen brachten das Oberflächenwasser schnell zum Gefrieren. Nur noch mit Mühe konnte ich meine Boje aus der immer größer werdenden Eisdecke befreien und musste um zwei Uhr morgens mit dem Boot wieder zum Parkplatz übersetzen. Eine weitere Shortsession brachte eine Brachse in Klodeckelformat. Die Temperaturen waren wirklich frustrierend. Nachts teilweise bis minus zehn Grad, untertags nur leichte Plusgrade. Aufgrund dieser langen Kälteperiode wird es zumindest bei uns wohl noch ein paar Wochen dauern, bis die kleineren, stehenden Gewässer aufgetaut sind. Dies schließt leider den Teich mit ein, den ich heuer erstmal intensiv befischen möchte und der das eigentliche Ziel meines bevorstehenden Urlaubs darstellte. Diesen werde ich wohl notgedrungen wieder auf den zugegebenermaßen äußerst reizvollen Rückstau verbringen. Der Plan sieht eine Session von Samstag auf Sonntag vor, gefolgt von einem Tag Pause und danach weitere vier oder fünf Nächte an einem Stück. Denn wenn die Temperaturen untertags erstmals den zweistelligen Bereich für längere Zeit überschreiten und auch in der Nacht nicht weit unter Null fallen, dann beginnt für mich das eigentliche Frühjahrsangeln, das sich von der – seien wir uns ehrlich – Verzweiflungs-Winterfischerei davor maßgeblich unterscheidet und natürlich auch etwas größere Erfolgschancen in sich birgt.

Auch so kann eine Session enden, wenn man die Temperaturen unterschätzt

Taktik

Blicke ich zurück, war der März eigentlich noch nie ein richtiger Bringer. Der eine oder andere Karpfen landete zwar auf der Abhakmatte, so richtig konstante Erfolge stellten sich aber immer erst im April ein. Dennoch haben wir es ab etwa Mitte März an den meisten (befischbaren) Gewässern mit bereits aktiven Fischen zu tun. Dies merkt man zum Beispiel daran, dass man viele Weißfischaktivitäten registriert. Wenn sich regelmäßig Brachsen bemerkbar machen, gehe ich mit Sicherheit davon aus, dass auch die Karpfen schon auf Futtersuche sind. Darum werte ich Weißfischbisse zu dieser Jahreszeit als gutes Zeichen, auch wenn sie ganz schön lästig sein können. Die kalten Wassertemperaturen schonen uns zu dieser Jahreszeit noch mit dem Bissorgien der weißen, schleimigen Plagegeister, darum genieße ich es, mit Futtermitteln experimentieren zu können, die mir im Sommer garantiert schlaflose Nächte vor lauter Brachsenbisse bescheren würden. Meine Futterplätze sind im März und April nur wenige Quadratmeter groß, aber sorgfältig platziert. Es geht mir nicht unbedingt darum, bestimmte Hotspots in der Gewässerstruktur zu befischen, sondern eher darum, unterschiedliche Tiefenbereiche abzudecken. Vermute ich zum Beispiel die Fische in Tiefen zwischen einem und vier Meter, würde ich bei zwei erlaubten Ruten Futterplätze auf 1,5 und 3 Meter anlegen und von dort aus dezente Futterspuren in andere Tiefenbereiche legen. So ist es möglich, patrouillierende Fische abzufangen und sie für meine Spots zu interessieren. Idealerweise unterscheidet sich die Bodenbeschaffenheit auf den zwei Plätzen auch noch stark voneinander. Besonders bei längeren Sessions über mehrere Tage kann man anhand des Beißverhaltens recht schnell ein Muster erkennen und bei Bedarf einen der beiden Montagen (oder auch beide, falls gar nichts gehen sollte) verlegen.

Partikel gehören im März und April einfach dazu

Das Buffet ist eröffnet

Im Frühjahr bin ich bestrebt, den Karpfen ein abwechslungsreiches Menü zu bieten. Zu meinem Futter gehört ein großer Anteil von Partikeln, zum Beispiel Mais, Weizen, Hanf und Gerste. Zusätzlich kommt vor allem bei sehr kurzen Sessions immer etwas Grundfutter dazu, um die Attraktivität weiter zu erhöhen. Wer möchte, kann seinen Mix mit kleinen Pellets aufpeppen. Absolut wichtig sind für mich einige Kostproben des tatsächlichen Hakenköders, in meinem Fall also Boilies. So sieht mein Grundmix aus, der sich natürlich nach Lust und Laune verändern lässt. Von Katzenfutter aus der Dose bis hin zu verschiedensten Gewürzen, Flavours, Soaks und Pulverchen reicht die Palette der Möglichkeiten.

Abwechslungsreich füttern kann sich im Frühjahr auszahlen

Nicht zu viel, nicht zu wenig

Einer der wichtigsten und kritischsten Punkte ist meiner Meinung nach die Futtermenge, die man am Platz versenkt. Generell bin ich eher sparsam und gehe nur selten über 1,5 Kilogramm pro Spot. Dabei füttere ich das meiste am eigentlichen Futterplatz und streue dann Spuren in flachere und tiefere Bereiche. Meist starte ich mit 1 bis 1,5 Kilogramm, wobei ich dezent nachfüttere, wenn ich Bisse bekomme, egal ob von Weißfischen oder von Karpfen. Besonders schwierig ist die Situation, wenn man mit einem überaus gutem Aitelbestand zu tun hat. Während sich Brachsen lieber auf kleinere, weiche Nahrung stürzen, machen Aitel vor rein gar nichts halt und können einen kleinen Futterplatz in Windeseile komplett abräumen. Jeder, dem ein gefangener Aitel schon die Abhakmatte mit Boiliebrei voll spie, weiß das!
Die richtige Anfangsmenge ist aber natürlich wie überall gewässerbedingt. Es wäre natürlich empfehlenswert, bei offensichtlich hungrigen und sehr aktiven Fischen, die Futtermenge zu erhöhen. Herrscht aber über einen auffällig langen Zeitraum absolut tote Hose am Platz – also keine Schnurschwimmer, keine Weißfische, rein gar nichts – ist die Chance groß, dass wir unsere Erfolgschancen mit zu viel Futter verdorben haben.

Gefangen in der Nacht auf den 28. Feber 2010. Ein paar Hände voll Hanf, zerbrochene Boilies und Grundfutter haben gereicht, um diesen Fisch auf den Platz aufmerksam zu machen


Bewährte Rigs

Bei den Rigs vertraue ich auf Bewährtes und verwende dieselben Komponenten, die ich auch das restliche Jahr über mit Erfolg benutze. In 90 % der Fälle sind das 15-20 cm lange Rigs aus ummanteltem Material, bei dem ich das Haar und die ersten 3-4 Zentimeter hinter dem Haken von der Ummantelung befreie. Die Hakengröße wird wie immer dem Köder angepasst und bewegt sich zwischen 8 und 4. So gut wie immer verwende ich ein fischfreundliches Safety Clip System.

Seien Sie beim Ablegen der Montagen äußerst aufmerksam und kritisch! Am besten die Rute mit ins Boot nehmen

Präzises Vorgehen

Ich bin dafür bekannt, es beim Ablegen meiner Montagen sehr genau zu nehmen. Viele haben über diese Pingeligkeit schon den Kopf geschüttelt, doch ich habe es schon viel zu oft gesehen, dass ein achtlos versenktes Rig nach einer „toten“ Nacht als verwickeltes „Etwas“ zurückkam. Noch genauer nehme ich die exakte Platzierung des Rigs allerdings im Frühjahr. Mein Köder muss an dem Rand des Futterplatzes liegen, der mir am Ufer am nächsten ist, und zwar aus zwei Gründen: Erstens bin ich der Meinung, dass ankommende Fische am Rand mit dem Fressen beginnen, zweitens will ich nicht, dass meine Schlagschnur quer über den Futterplatz gespannt verläuft.

So, nun aber genug der grauen Theorie! Es geht raus ans Wasser, denn erst in der Praxis wird einem bewusst, wie schnell Regelmäßigkeiten, die man glaubt zu kennen, wieder über den Haufen geworfen werden. Nirgendwo sonst ist das so stark ausgeprägt wie beim Angeln!

Ein toller Aprilkarpfen aus einem anspruchsvollen Gewässer

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